Dienstag, 23. Dezember 2014

Begegnungsevergreens

Es gibt Begegnungen mit Menschen, die sich immer und immer wiederholen. Mit verschiedenen Menschen.
Zum Beispiel die mit ambitionierten Müttern. Alle Kollegen in diesem Land, auf diesem Kontinent, nein: auf diesem Planeten schlagen vermutlich gleich Hände über Köpfen zusammen. Damit es so kommt gehen wir jetzt ganz gemütlich 'ne sommerliche Runde übern Rummel:

Nicht jeder Kollege geht gern Fußstreife auf der Kirmes. Es ist eng, es ist warm und mit etwas Pech hat man viel mit betrunkenen Pöblern zu tun. Jetzt, am Nachmittag, begegnen uns eher Familien. Die Stimmung ist locker. Hier und da kommt man mit den Menschen ins Gespräch. Ich mag das.
„Guck, da ist die Polizei. Ich hab doch gesagt, wir treffen hier die echte Polizei…“ höre ich Mutti sagen, noch bevor mir der kleine Kollege an ihrer Hand im Gedränge aufgefallen ist. Der Kurze reicht mir samt seiner Dienstmütze soeben bis zum Koppel. In der freien Hand trägt er eine Kelle, die mit ihrem Griff voller Zuckerperlen deutlich cooler ist als unsere. Wir sollten unsere Ausrüstung auch auf der Kirmes kaufen.
Mein Streifenpartner und ich bleiben stehen. Noch bevor ich mich zu unserem Nachwuchs-Cop herunterbeugen kann packt Mutti die Gelegenheit beim Schopfe und fährt fort: „…und wenn du nicht lieb bist, dann nehmen die dich mit!“
„Gar nicht!“ erwidert nicht der Junge, sondern ich. Mit dem Tonfall versuche ich irgendwas zwischen Entsetzen und Entschlossenheit zu treffen. Wie sehr mir diese Masche zum Hals raus hängt. Was will die Frau damit bezwecken? Sind wir die letzte Lösung? Droht sie dem Spross sonst auch mit Dingen, die nie passieren? Das wirklich Einzige, was sie womöglich erreicht ist, dass der Kerl lieber vor uns wegläuft, als uns um Hilfe zu bitten, wenn er zwischen all den Beinen und Kinderwagen hier auf der Kirmes mal verloren geht. Und das kann sie doch nun wirklich nicht beabsichtigen.
Jetzt aber schnell runter beugen, mit Mutti möchte ich nicht diskutieren. Außerdem hört sie ja mit: „Wir nehmen doch nur Räuber und Diebe fest, oder?“ richte ich mich an den Kollegen in spe: „…und Mütter, die ihren Kindern so einen Scheiß erzählen!“ kann ich mir noch gerade verkneifen. 
Nach einer kurzen Fachsimpelei über unsere Mützen, Zuckerperlen im Allgemeinen, die kriminelle Karriere des Räubers „Plotzeplotz“ und die Echtheit meiner Pistole setze ich zum Gegenschlag an. Mutti will uns gegen den Kurzen ausspielen?! Kann sie haben: „Warst du denn auch auf dem Kinderkarussell? Da ist ein Polizeimotorrad. Und mit so einer Ausrüstung wie du, mit Mütze und Kelle; da musst du doch dringend heute eine Runde fahren. Findest du nicht?“ Das hat sie jetzt davon. 

100 Meter vor dem Kirmesausgang verabschiede ich mich höflich von einer leicht verdutzten Mutti und einem aufgeregt an ihrer Hand auf und ab springenden kleinen Polizisten. 
„Jaaa, zuröööck zum Karussell. Karrussell. Karrussell. Bööötteeee….“

Klitzekleine Notiz an alle „Sonst-nehmen-die-dich-mit“-Eltern: Spannt uns nicht vor euren Erziehungs-Karren. Macht den Kleinen keine Angst vor der Polizei. 

Könnte sich rächen! 



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